Nachts in Irland

Tuesday16Jan/0112 201211:18 12:33

2007-09-04 at 16-12-55


Wir machten Urlaub in Irland, genauer gesagt im Nordwesten der Insel am River Bandrows. Die Familie, Ehefrau und halbwüchsiger Sohn, hatte ein geräumiges Cottage mit Blick auf den Lachsfluss bezogen.
Im Loch Melvin, für den wir ein feines Motorboot zur Verfügung hatten, waren auch schon ein paar Browntrouts an den Haken gegangen, nur mit den Lachsen im Fluss war es noch so eine Sache.
Nun, wir waren rundum zufrieden: ein schönes Haus mit toller Aussicht, Fluss und See vor der Tür, schönes Wetter und noch knappe drei Wochen Urlaub vor uns.

Eines Nachts wurde ich davon wach, dass meine Frau mich heftig rüttelte. Verschlafen, wie ich war, wollte ich meinen Augen nicht trauen, als meine Ehehälfte mit einem langen Küchenmesser bewaffnet vor mir stand. Zwar kam mir nicht der Gedanke, dass sie mir ans Leben wollte, aber irgendwie beunruhigt war ich doch! Meine liebe Frau war ganz aufgelöst und berichtete mir nun, dass neben unserem Hause etwas sehr Merkwürdiges vor sich ginge, das sie dazu bewogen hätte, sich mit dem Messer zu bewaffnen. Sie sei von schlagenden Autotüren wach geworden. Beim Blick aus dem Küchenfenster habe sie auf dem schmalen und verwilderten Weg neben unserem Hause ein Auto gesehen, aus dem, nach dem Verlöschen der Scheinwerfer, zwei Männer gestiegen seien, die sich flüsternd unterhalten hätten. Daraufhin habe sie mich geweckt. Ich zeigte Verständnis.
Unseren Sohn wollten wir zunächst einmal schlafen lassen. Natürlich kam auch mir die Sache nicht geheuer vor. Bevor wir aber noch lange überlegen konnte, schlängelte sich mit abgeblendeten Scheinwerfer ein zweites Auto die enge Straße zu unserm einsam gelegenen Haus empor. Auf den letzten Metern vor unserem Cottage verloschen die Lichter ganz. Zwei weitere Männer stiegen aus, besprachen sich leise mit den bereits zuvor angekommenen und luden etliche leere Säcke aus dem Kofferraum. „ Für die Beute aus unserem Haus,“ flüsterte meine Frau zitternd. Ich versuchte sie zu beruhigen, prüfte aber, ob alle Türen und Fenster verschlossen waren. Dabei bemerkte ich, dass die Kerle sich mit geschulterten Säcken in Richtung Fluss in Bewegung setzten. Zunächst einmal atmeten wir auf, warteten aber noch eine knappe Stunde mit wachem Geist und gespitzten Ohren am Fenster. Nichts tat sich mehr. Nun konnte ich auch meine Frau dazu bewegen, wieder zu Bett zu gehen, das Küchenmesser lag aber noch griffbereit auf ihrem Nachttisch. Irgendwann muss auch sie eingeschlafen sein.
Am nächsten Morgen konnten wir dann feststellen, dass beide Autos weg waren und unsere Habe noch an Ort und Stelle lag. Unser Sohn knurrte, als wir ihm von dem nächtlichen Erlebnis berichteten, zu gerne hätte er mit uns Räuber und Gendarm gespielt.
Natürlich erzählten wir dem Besitzer des Cottages von dem nächtlichen Vorfall. Wir dachten auch, bei ihm an der richtigen Adresse zu sein, da er ein pensionierter Polizist war. Er zuckte nur mit den Achseln, da hätten wieder einmal die Poachers zugeschlagen, man könne ihnen eben nicht beikommen. Wir nickten verständig und schauten, als der gute Mann uns verlassen hatte, im Lexikon nach - Poacher = Wilddieb - Fischdieb.

Johannes mit Lachs
Johannes mit Lachs