Scottish Wedding

Am Hafen von Bowmore

Ende September 2017 besuchten mein Sohn Johannes und ich für knapp 14 Tage Schottland. Eine Woche verbrachten wir auf der Hebrideninsel Islay. Gewohnt haben wir in einem kleinen Hotel direkt am Hafen von Bowmore gleich neben der gleichnamigen Whiskydestillerie.

Mit unserem Leihwagen erkundeten wir die Insel - sehr viel raue Landschaft und einige Relikte aus keltischer Zeit. Auf der Insel gibt es nur zwei größere Straßen. Die eine führt zur Fähre nach Port Askaig und die andere über Port Ellen zu den berühmten Destillen Laphroaig, Lagavulin und Ardbeg. Sonst erreicht man alle kleinen Dörfer, Weiler und Sehenswürdigkeiten auf sogenannten Singletrack Roads. Einspurige, meist geteerte Sträßchen mit Ausweichmöglichkeiten alle paar hundert Meter. Auf einer solchen Straße fuhren wir am Ende unseres Aufenthaltes nach Portnahaven, einem kleinen Fischerort auf den Rhinns of Islay. 

Schon peitschte der aufkommende Sturm die Küste. Dort angekommen genossen wir das wunderbar raue Panorama des Küstenortes, der steilen Klippen und der vorgelagerten kleinen Insel Orsay mit ihrem markanten Leuchtturm. Neben dem Brausen des Sturmes waren nur die Schreie der Sehhunde zu hören, die sich auf einer Sandbank ausruhten.

Als wir den Ausblick lange genug genossen hatten, machten wir uns auf den Heimweg. Kurz hinter der Häusergruppe von Flister hatten wir auf dem Hinweg schon eine kleine Kirche gesehen, aus kantigen Felssteinen erbaut. Nun parkte am Rande der schmalen Straße ein PKW. Als wir hoch zur Kirche blickten, sahen wir vor der Kirchentür eine Dudelsackspielerin und zwei junge Frauen stehen in langen weißen Kleidern. Daneben hatte sich ein Photograph postiert.

In der Hoffnung auf ein schönes Photo - altes Kirchengemäuer, Dudelsackspieler, Brautjungfern und möglicherweise eine Braut - sprang ich aus dem Auto, schnappte mir meine Kamera und näherte mich der Gruppe vor der Kirche. Artig fragte ich, ob ich Photos machen dürfte. Natürlich, die Braut käme bald.

Dann fuhr ein Ladrower vor, ihm entstiegen ein älterer Herr in Schottenkluft - Kilt usw. und eine junge Frau in einem festlichen, knallroten langen Kleid. Die Dudelsackspielerin intonierte ein Lied, die Brautjungfern gaben lächelnd die Tür zur Kirche frei, der Fotograf machte seine Aufnahmen und der ältere Herr führte die Dame in Rot über die Stufen in die Kirche. Die Tür ging zu, und das war`s dann. 

Ich fragte mich, wo sich wohl all die Hochzeitsgäste einschließlich Pfarrer versteckt hatten. Außer einem Wagen, der sicher dem Photographen gehörte, waren keine weiteren Fahrzeuge zu sehen, mit denen  Gäste zur Kirche  hätten kommen können. Zu Fuß, schon wegen des kühlen und immens stürmischen Wetters, war wohl niemand den weiten Weg von einer menschlichen Behausung zur Kirche gelaufen.

Es war auch nichts zu hören, kein Orgelklang, keine menschlichen Stimmen. Eine Hochzeit ist es wohl gewesen, schon wegen der Brautjungfern, aber eine Braut in Knallerot und so ein alter Bräutigam. Also, eine sehr merkwürdige Begebenheit!