Eine unerwartete Begegnung

 

Sept.06 - 40

"Johannes, schau mal! Ein Bär!“ Das kam mir über die Lippen wie:“ Guck mal, ein Hase läuft da über`s Feld!“ Wirklich! Ich hatte keine Furcht!
Etwa 40 Meter von uns entfernt wechselte ein stattlicher Schwarzbär die Ufer, indem er sehr behände durch das Wasser stürmte.
Johannes und ich befischten den kleinen Flusslauf, der zwei große Seen im kanadischen Yukon-Territorium miteinander verbindet. Wir fingen prächtige arktische Äschen von beachtlicher Größe. Solch eine Fischerei hatten wir noch nie erlebt.
Am Tag zuvor waren wir nach ca. neunstündigem Flug in Whitehorse vom Himmel gefallen. Aus der Hektik des mitteleuropäischen Lebens in diese weite, friedliche und nahezu menschenleere Wildnis. 


Sept.06 - 36

Gleich nach unserer Ankunft in der Lodge, einsam in der Wildnis, aber in der Nähe des Alaska Highways gelegen, wurden wir zu einem Briefing gebeten. Thomas, der Mitbetreiber der Lodge, klärte uns über den „Umgang“ mit Bären auf. Es sei zwar schon ein paar Wochen her, dass ein Grizzly das Gelände des Anwesens besucht hätte, aber eigentlich sei jederzeit mit einer Bärenbegegnung zu rechnen. Erst recht beim Fischen in der Wildnis. Wir bekamen Verhaltensregeln wie - in Embryonalstellung am Boden zu kauern mit im Nacken verschränkten Händen und keinesfalls in rasender Flucht die Begegnungsstätte zu verlassen, sondern langsam und bedächtig den Rückzug anzutreten. Ansonsten sollten wir uns in bährenverdächtigem Gebiet laut unterhalten oder singen. Ein Glöckchen mitzuführen sei auch nicht schlecht.
Natürlich wusste Thomas Geschichten zu erzählen, in denen man riesigen Bären so gerade noch entkommen war.
Dies alles hatte ich wohl bei der spontanen Begegnung mit Meister Petz vergessen. Es passte einfach so gar nicht in den Erfahrungsschatz eines Menschen, der in Europa vor keinem Tier Angst haben muss.

Sept.06 - 9

Aber Lukas, unser Guide, hatte meine Bemerkung gehört. Sofort sprang er auf, griff zu seinem Gewehr, das er bei solchen Exkursionen stets mitführte, erkundigte sich bei mir, auf welchem Flussufer der Bär jetzt sei und sprang ins Wasser. Er watete ein gutes Stück flussabwärts, stieg ans Ufer und kam nach einem weiten Bogen durch den Busch zurück und beteuerte, der Bär sei weg. Er blieb uns auch verborgen.
Zurück in der Lodge lasen wir in einem Reiseführer, man könne die Nähe von Bären an bestimmten Merkmalen erkennen. Sie verrieten sich z.B. durch einen strengen Geruch oder durch das Zurücklassen von Haarbüscheln im Geäst. Beides war mir auf unserem Weg durch den Busch zu unserer Angelstelle aufgefallen. Mir fiel dabei ein, dass ich einmal bei E. Hemingway ungläubig gelesen hatte, er könne das Wild riechen.* Er war wohl ein erfahrener Jäger.


* Ernest Hemingway, Die grünen Hügel Afrikas

 



Alaska Highway


Nachdem ich den unten stehenden Artikel bei Yahoo gelesen habe, bin ich doch etwas nachdenklicher geworden.



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Ein Schwarzbär wie dieser hat den Urlauber zerfleischt. (Screenshot: Sky News)

Auf der Suche nach Futter kommen Schwarzbären immer wieder Siedlungen und Campern gefährlich nahe – gefährlich für Tier und Mensch. In Alaska erschoss die Polizei nun einen Bären, der keine Scheu mehr vor Menschen zeigte. Bei der Untersuchung wurde eine grausige Entdeckung gemacht.
Der Schwarzbär, der sich in der Gegend rund um den George Lake in Alaska herumtrieb, zeigte überhaupt keine Furcht vor Menschen mehr. Die Polizei entschied, das Tier zu erschießen, bevor es zur Gefahr für Einheimische und Touristen werden könnte. Erst wenige Stunden vor dem Schussbefehl war ein Urlauber von einem Bär getötet worden, wie einem Bericht von Sky News zu entnehmen ist. Bei der Untersuchung der Tierleiche stellten Biologen dann fest: Es war genau dieser Bär, der den Mann zerfleischt hatte.
Bei dem getöteten Mann handelt es sich um den 64-jährigen Robert Weaver. Der Tourist hatte mit seiner Frau eine Hütte an dem abgelegenen See gemietet. Dort hatte ihn der Bär angegriffen und getötet. Selbst der mutige Einsatz von Weavers Frau konnte den Urlauber nicht retten. Sie hatte erst mit einer Waffe auf den Angreifer gezielt. Als diese plötzlich blockierte, versuchte die Frau den Bären zu verscheuchen, berichtet die Zeitung „Anchorage Daily News“. Doch das Tier ließ nicht von ihrem Mann ab.