THE MAN WHO CAUGHT A BASS - ODER, WIE ICH IN KERRY BERÜHMT WURDE  

Es war unser erster Irlandurlaub. Lange hatte ich meiner Frau und meinem Sohn von der Grünen Insel vorgeschwärmt, die ich etliche Jahre zuvor mit einem guten Freund per Bus und Bahn und dem ersten Gehalt in der Tasche erkundet hatte. Dabei wurden wir jeweils von einer freundlichen B&B Wirtin zur nächsten weitergereicht.
Nun hatten wir unser Ferienhaus in der Nähe von Killorglin bezogen. Vier lange Urlaubswochen warteten auf uns!
Am Morgen nach unserer Ankunft machte ich mich gespannt auf den Weg, um etwas für das Frühstück einzukaufen. Aber, mein Gott, wie sah der Ort aus? Wo waren wir da gelandet? Überall lag Schmutz und Unrat herum! Nun, es stellte sich bald heraus, dass am Vortag Puck-Fair gefeiert worden war, ein Volksfest, bei dem ein echter Ziegenbock als König verehrt wird. Daher also das Durcheinander, das aber bald beseitigt wurde, und es kam ein freundlicher Ort zum Vorschein.
Der Vermieter unseres Ferienhauses, der gleichzeitig auch Wirt des örtlichen Pubs war, klärte uns über die Angelmöglichkeiten am Ort auf. Es gäbe Seen und einen Fluss, in denen man gut fischen könne. Im Angelladen erhielte man auch die notwendigen Lizenzen. Dort sprachen wir vor; unsere Nachfrage nach Angelwürmern wurde aber mit einigem Unverständnis quittiert. Nein, so etwas gäbe es nicht, in Irland würde mit der Fliege auf Forellen gefischt!
Wir machten es uns zur Gewohnheit, am späten Nachmittag nach unseren täglichen Urlaubsunternehmungen in der Kneipe unseres Vermieters auf ein Pint Guinnes vorbeizuschauen. Dabei berichteten wir ihm von unserer Not, nirgends geeignete Würmer für`s Angeln zu bekommen. Er dachte eine Weile nach, dann meinte er:“ There is a black man near the river who sells worms!“
Am nächsten Morgen fuhren wir zur angesagten Stelle am Fluss und fanden tatsächlich die Behausung des Gesuchten. Als wir uns der Gartentür des Anwesens näherten, empfing uns wütendes Gekläffe einer Hundemeute. Gefährlich aussehende Bestien unbestimmter Rasse sprangen am Gartenzaun empor. Nach einer Weile öffnete sich die Tür der Hütte, die Hunde wurden besänftigt und ein recht umfangreiches weibliches Wesen fragte, was wir wollten. Ich erwiderte, man habe uns gesagt, hier könne man Würmer zum Angeln kaufen. Ein Geschäft witternd erhellte sich ihre Miene. Sie rief nach ihrem Mann und tatsächlich erschien ein drahtiger Schwarzer mit einem Paket Wattwürmern in der Hand, eingepackt in feuchtem Zeitungspapier. Ob der geforderte Preis angemessen war, vermochte ich nicht zu beurteilen, immerhin hatten wir nun genug Köder.
In der Nähe des Hauses war ein Pier, von wo aus wir hofften, gut angeln zu können. Tatsächlich, unsere mit etlichem Blei auf Grund gelegten Ruten zuckten mehrfach, und wir konnten etliche Plattfische landen. Toll! Es waren zwar keine Forellen, aber immerhin Fische.
Am nächsten Tag ging es wieder zum Pier, und wir hatten ähnlichen Erfolg. Irgendwie muss sich unser Anglerglück herumgesprochen haben, denn es erschienen immer mehr Menschen, bewaffnet mit Angeln, die uns auf die Pelle rückten, um an der vermeintlich guten Stelle auch etwas zu fangen. Dies allerdings ohne nennenswerten Erfolg. Die horrende Summe, die wir wohl beim black man für die Würmer berappt hatten, zahlte sich nun doch aus!
Dann hatte ich plötzlich wieder einen Fisch am Haken, der sich im Drill aber ganz anders benahm als die schlappen Schollen zuvor. Nach tüchtigem Kampf hatte mein Sohn den Fisch endlich im Kescher. Wir waren happy! Das Tier maß gute 70 cm. Nur, wir wussten nicht, was ich da gelandet hatte.
Der Fang blieb nicht unbemerkt. Alles drängte sich um uns und der sachkundigste Mitangler sagte :“ It`s a Bass!“ So ein Fang war nicht zu toppen, also machten wir Schluss und fuhren nach Hause. Nachdem wir im Lexikon nachgeschlagen hatten, was mir da an den Haken gegangen war, landete der Seebarsch in der Pfanne und bildete unser Abendessen.
Am nächsten Morgen, heute wollten wir mal nicht fischen, begrüsste mich unser Nachbar, ein pensionierter Bundeswehrfeldwebel, den es der Fischerei wegen nach Irland verschlagen hatte, mit der Frage, ob ich der glückliche Fischer sei, der den Bass gefangen habe. Mit Stolz konnte ich diese Frage bejahen.
Doch damit nicht genug! Als wir am Abend wieder im Pub waren, umringten mich etliche Iren und der Wirt fragte :“ Are you the man who caught a Bass?“ Alle klopften mir anerkennend auf die Schulter. Wohl wissend, was sie wollten, liess ich die Gratulanten nicht lange im Zweifel und spendierte die erhoffte Runde Guinnes.

p.s. Ein Beweisfoto muss ich leider schuldig bleiben! Die Negative des Urlaubsfilms  sind verloren gegangen.
Das den Text begleitende Irlandfoto hat mein Sohn ca. 15 Jahre später während eines Urlaubs gemacht.