FLIEGENFISCHER

Saturday16Jan/0112 201218:12 12:33

img_0319

Eigentlich ist das Fliegenfischen eine Verrichtung mit wenigen sozialen Kontakten. Nur gelegentlich ergibt es sich einmal, dass man einen Mitfischer am Wasser trifft oder mit einem guten Freund zum Fischen geht. Aber sonst stakst man alleine am oder im Wasser herum.
Vielleicht ist das auch der Grund, warum viele Freunde dieses „Sports“ ein wenig zum Eigenbrötlertum neigen.
Oft verzieht man sich, meist im Winter, wenn die Fische Schonzeit haben oder es draußen regnet und stürmt, ins stille Kämmerlein und bastelt still vor sich hin. Da erblicken die tollsten Sachen das Licht der Welt, die alle irgendwie eine Beziehung zum Fliegenfischen haben.
So entstehen wahre Prachtstücke wie etwa aus Bambusstöckchen zusammengeleimte Angelruten, sogar das widerspenstige Metall wird bearbeitet, woraus dann wunderbare Angelrollen entstehen.

2009-10-18-um-21-40-40---arbeitskopie-2

Die meisten Tüftler knoten aber ihre eigenen Angelfliegen zusammen, Gebilde, die meist nur anderen Anglern gefallen sollen, zum Fischefangen aber denkbar ungeeignet sind. Nach so einem Bindemarathon gleicht der Ort des Geschehens, meist ist es das heimische Wohnzimmer, einem Schlachtfeld. Überall auf dem Tisch und auf dem Fußboden liegen Reste von Federn, Wolle, Tierhaaren und Ähnlichem. Das erzürnt dann die Ehefrau, die sowieso schon böse ist, weil der Gatte für das benötigte
Bindematerial eine Unmenge Geld ausgegeben hat. Andererseits treibt es diese Bastler gelegentlich doch, nein, nicht ans Wasser, sondern in einigermaßen große Hallen, wo andere Menschen der Zunft hinter Tischen sitzen und dasselbe tun, nämlich Federn und Haare auf einen Haken binden. Nur, das sind dann die Meister ihres Faches, die irgendwer irgendwann einmal dazu ernannt hat.

2009-01-11-um-16-14-19---arbeitskopie-2

Um sie herum stehen in Scharen dichtgedrängt wissend nickend und „Ohs“ und „Ahs“ ausstoßende Menschen, meist männlichen Geschlechts.
Andere Gurus  raspeln an Bambusstäben herum und zeigen stolz das Ergebnis ihres Tuns in Gestalt von gespließten Ruten.
Anfangs wagte der Autor dieser Zeilen nicht einmal, ein solch gutes Stück anzufassen, geschweige, damit herum zu wedeln, um fachmännisch die Güte der Rute zu erfühlen.
Zwangsläufig ergibt es sich aber, wenn man oft genug solche Veranstaltungen besucht, dass man sogar von dem einen oder anderen Aussteller wiedererkannt wird, ja sogar mit (Vor-)Namen begrüßt wird. So rückt man näher an den Inner - Circle der Eingeweihten heran.
Das größte Glück aber wäre es, einmal nicht vor dem Tisch, sondern dahinter stehen zu dürfen! Das ist aber nur sehr schwer zu verwirklichen, ja geradezu unmöglich, weil viele der Meister peinlich darüber wachen, dass ihr elitärer Kreis überschaubar bleibt.
Manch unbedarfter Leser wird sich vielleicht so langsam fragen: „ Ja, wann wird denn nun endlich einmal geangelt?“ Zur Ehrenrettung all der oben beschriebenen Menschen  muss gesagt werden, dass sie gelegentlich doch die kostbaren Produkte ihrer mühevollen Arbeit ans Wasser tragen, um damit zu fischen. Manchmal soll dabei sogar ein Fisch anbeißen!

img_0303-2

P.s. Gerade hat meine Ehefrau diese Zeilen gelesen und mich dafür gelobt, dass ich so ehrlich über mein eigenes Tun geschrieben habe.

Übrigens - Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind gewollt und nicht zufällig
So gesehen in einer Fischerhütte am schottischen Fluss Tay
So gesehen in einer Fischerhütte am schottischen Fluss Tay