Der Hölder

Hölderlins Grab auf dem Stadtfriedhof in Tübingen


Viele Jahre ist es her, dass ich Peter Härtings Hölderlin-Biographie zu lesen bekam. Den berühmten Dichter kannte ich dem Namen nach mit dem Nachklang, dass seine Gedichte schwer zu lesen und erst recht zu verstehen seien. 

Härtling verstand es, mir den Menschen Hölderlin lebendig werden zu lassen, indem er den Lebensweg und das Werk des Dichters anschaulich schilderte und zu verstehen brachte.

Seither liegt mir Hölderlin am Herzen. Er war ein unheimlich begabter Dichter, der auch die Aufmerksamkeit und das Interesse des damals schon hochberühmten Friedrich Schiller fand. Nur, Hölderlin verstand es nicht, wie andere Geistesgrößen seiner Zeit, daraus Kapital zu schlagen. Es gelang ihm nicht, irgendwo festen Fuß zu fassen, einen Verleger zu finden, der sein Werk in klingende Münze umwandeln konnte, eine Professur zu erlangen. Gelegentlich verdingte er sich als Hauslehrer bei Adligen oder reichen Bürgern. Er war begeistert und später bitter enttäuscht von der Französischen Revolution. Seine seelische Verfassung machte ihm das Leben schwer und leitete ihn später in den Wahnsinn. Von Freiheitswillen, damals herrschten noch absolute Fürsten, schloss er sich revolutionären Zirkeln an. Entdeckt, durfte er, als dem Wahnsinn Verfallener, fliehen, um in Tübingen zweihunderteinunddreißig Tage "Heilungsversuche" zu überstehen. Er war Mitte dreißig. Drei Jahr Lebenszeit billigte man ihm noch zu, als er zur Pflege dem Tübinger Schreinermeister Zimmer übergeben wurde, dessen Familie ihn sorgsam behütete. Hier, im Turmzimmer, gleich am Neckar lebte Hölderlin noch mehr als dreißig Jahre. Seine Gedichte erkannte er wieder, wusste aber nicht mehr, dass er deren Verfasser war.

 

Diese knappen Zeilen sind für den Leser als Ermunterung gedacht, sich mit dem Hölder etwas näher zu befassen. - 2020 jährt sich sein 250ster Geburtstag. - Dazu eignet sich Peter Härtlings Biografie sehr gut.

 

Friedrich Hölderlin, geb. am 20. März 1770 in Laufen am Neckar, gest. am 7. Juni 1804 in Tübingen

 

Hälfte des Lebens, er war 34 Jahre alt, als er es schrieb, ist eines seiner bekanntesten Gedichte. 

 

                       Hälfte des Lebens

 

Mit gelben Birnen hänget
Und voll mit wilden Rosen
Das Land in den See,
Ihr holden Schwäne,
Und trunken von Küssen
Tunkt ihr das Haupt
Ins heilignüchterne Wasser.
 
Weh mir, wo nehm ich, wenn
Es Winter ist, die Blumen, und wo
Den Sonnenschein,
Und Schatten der Erde?
Die Mauern stehn
Sprachlos und kalt, im Winde
Klirren die Fahnen.