Sehnsucht nach royaler Obrigkeit?

Angeblich sehnen sich die Deutschen nach Royalem. Der preußische Untertanengeist soll noch latent vorhanden sein, obwohl es seit 100 Jahren keine Fürstenherrschaft mehr gibt.

Die amerikanische Philosophin Susan Neiman, Leiterin des Berliner Einstein-Forums, erklärt in einem ZEIT-Interview*, sie glaube nicht, dass die Deutschen Royalem merklich nachtrauern, allerdings stellt sie fest, dass die Deutschen im "Umgang mit Amtsträgern fast etwas Kriecherisches" haben, "sogar bei Sozis und Liberalen, wenn sie einem Minister oder nur einem Staatssekretär begegnen". Dies sei in den USA z.B. völlig unüblich. Ein Rest des obrigkeitsstaatlichen Denkens sei beispielsweise zu spüren, wenn jemand seine Rede mit Grußworten beginne und zunächst die höchste anwesende Hoheit begrüße, dann die zweithöchste, dann die dritthöchste und "irgendwann, ganz zum Schluss, der Pöbel, die Damen und Herren".

Diese Floskeln sind einem so selbstverständlich geworden, dass man über ihren Sinn gar nicht mehr nachdenkt. Die Frau hat Recht - meine sehr verehrten Damen und Herren würde völlig reichen!

* Die ZEIT vom 28.1.2018